Kategorie: Windhund-Mensch-Beziehung
Windhunde – Falken und Greifvögel – vom Jagdgefährten zum Therapiehelfer
Schon im Mittelalter – der Antike und auch in der Neuzeit waren und sind Windhunde und Greifvögel Gefährten bei der Jagd. Zeugen aus alter Zeit sind bis heute Gemälde, Brokatstoffe mit mittelalterlichem Muster und Jagdszenen die dieses Jagd-Duo in Verbindung mit dem Menschen zur Fleischbeschaffung und höfischen Zeremonien des Adels zeigen. Aber es geht auch anders. Therapie mit Tieren ist oft eine der letzen Hilfestellungen bei Menschen ob Jung und Alt. Hier etwas aus dem Leben einer Falknerin die mit Ihren Windhunden nicht nur das Mittlelalter in Szene setzt sondern auch mit Ihren Tieren, die Therapie für Kindern als Lebensinhalt sieht.
Windhund-Greifvogel-Therapie bei entwicklungsgestörten Kindern
Bislang einzigartig in Deutschland wird im Zentrum des Horus in Bredenbek bei Kiel die tiergestützte Therapie mit Greifvögeln und Windhunden für autistische Kinder angeboten. Die Falknerin Frau B. hat ihre Tiere speziell dafür ausgebildet. In Zusammenarbeit mit den Psychologen des DRK-Zentrums für Gesundheit und Familie auf der Nordseeinsel Pellworm bietet sie diese Form der Erlebnistherapie für Familien mit autistischen Kindern an, die sich dort zur Kur befinden.
Das Konzept, auf dem diese Form der Therapie beruht, liegt in der vorurteilsfreien Kommunikation zwischen Mensch und Tier. Der Greifvogel in der Lage, die Konzentration seines Gegenübers sehr genau wahrnehmen zu können und diese durch seine Mitarbeit zurückzumelden. So macht es Sinn diese Fähigkeit des Greifvogels für die Therapie von Kindern mit Konzentrationsschwächen zu nutzen.
Diese Schwächen findet man nicht nur bei AD(H)S gestörten Kindern, sondern auch bei den Asberger-Autisten. Die Erkrankung Autismus wird aufgrund der Vielfältigkeit der Störungsbilder heutzutage als Autismusspektrumsstörung bezeichnet. Die beiden bekanntesten Formen sind der Asberger und der frühkindliche Autismus.
Beim Asberger-Autismus zeigen die Kinder keine massiven sprachlichen oder motorischen Entwicklungsstörungen, vielmehr fallen sie durch eine oft übergenaue Aussprache und früh hoch entwickelte Ausdrucksweise auf. Es fällt ihnen schwer sich auf einen Gesprächpartner einzustellen, sie sprechen lange und ausführlich über Themen, die sie interessieren. Dabei ist es ihnen gleichgültig, ob es ihr Gegenüber interessiert oder nicht. Auch soziale Interaktion fällt ihnen schwer, da ihr Alltag nach eigenen Regeln funktioniert. Jeder Autist hat dabei seine individuellen Eindrücke. Nachvollziehbar wird es, wenn man sich vorstellt, man würde plötzlich in einem fremden Land aufwachen, dessen Sprache und Kultur man nicht versteht. Dennoch wird einem von den Menschen rund herum suggeriert, man gehöre dazu und habe sich entsprechend zu verhalten.
In der Windhund – Greifvogeltherapie zeigen diese Kinder häufig ein großes sachliches Interesse an der Pflege und der Handhabung der Tiere. Dabei erlernen sie im Training mit dem Greifvogel die Wirkung der positiven Motivation. Ständige Belohnung, freundliche Atmosphäre und die Abwesenheit von Strafe schaffen Vertrauen und Raum für Individualität – auch und gerade für das autistische Kind. Der Umgang mit den sensiblen Tieren fördert das harmonische und gleichberechtigte Miteinander. Während des Falknertrainings werden die Kinder in ihrer Konzentration vom Vogel gespiegelt und arbeiten fasziniert mit. So fällt es ihnen leicht, diese Konzentration zunehmend länger aufrecht zu erhalten.
Stärker noch zeigt sich die Wirkung der Greifvögel bei den frühkindlichen Autisten.
Diese leiden schon vor ihrem dritten Lebensjahr an deutlichen Einschränkungen in der sprachlichen, motorischen und kognitiven Entwicklung. Viele erlernen erst sehr spät die Sprache oder sind ihr Leben lang auf unterstützende Kommunikationsmittel angewiesen.
Hier zeigt sich in Einzelfällen, dass der Autist auf die Lautäußerungen des Greifvogels positiv reagiert. Vom Nachahmen der Tierlaute bis zur verbalen Kommunikation ist es ein weiter Weg. Dennoch kann diese Therapie den Grundstein dazu legen, dass ein autistisches Kind anfängt, sprechen zu lernen.
Gerade die frühkindlichen Autisten profitieren auch sehr davon, dass sie vom Trainingspartner Tier direkt und ohne Scheu angenommen werden. Die Tiere agieren wertfrei, wenn sich ein Mensch nach normalen Maßstäben „anders“ verhält. Beim Greifvogel erfolgen 80% der Sinneseindrücke visuell. Die reine Augenkommunikation der autistischen Kinder wird von den Vögeln als völlig normal empfunden und gerne erwidert. Dadurch ist die Verständigung mit einem Greifvogel einfach und klar. Weder wird das Kind durch mehrschichtige Kommunikation überfordert, noch durch übermäßige Erwartungshaltung irritiert. So fühlt es sich auf der emotionalen Ebene sofort „verstanden“ und interagiert gerne.
Obwohl die positiven Wirkungen der tiergestützten Therapie bereits seit Jahrhunderten bekannt sind, wurden sie nur wenig systematisch erforscht. Dennoch gibt es eine Unmenge von Einzelfallberichten, in denen Tiere erkrankte Menschen bei der Gesundung unterstützt haben. Gerade auf dem Gebiet der psychologischen Erkrankungen, sind tierische Therapeuten „Türöffner“, die es den Patienten erleichtern, zu verstehen und mitzuarbeiten.
Der Umgang mit dem Tier fördert Konzentration, Kommunikation, Kooperation und das Selbstbewusstsein. Ziel ist es, Medikamentendosierungen zu senken oder ganz einzustellen. Der Patient erhöht seine Chancen auf Weiterentwicklung und hat mehr Freude am Leben.
Deshalb sollte die tiergestützte Therapie gefördert werden und häufiger zum Einsatz kommen.
Dies zeigen auch die Erfolge der Greifvogeltherapie in der Horus-Falknerei.